Eine soeben veröffentlichte Studie der Universität für Bodenkultur und der Medizinischen Universität Wien zeigt:
- Pestizide – Herbizide, Fungizide und Insektizide – aus der konventionellen Landwirtschaft sind praktisch allgegenwärtig in unserer Atemluft
- Chemisch-synthetische Pestizide sind nicht nur in der Nähe landwirtschaftlicher Felder, sondern sogar in Nationalparks und im Stadtkern nachweisbar
- Pestizide haben ein großes Gefahrenpotenzial für Mensch und Umwelt
- Keine der gefundenen Substanzen ist im Bio-Landbau zulässig.
Enkeltaugliches Österreich zeigt Lösung für saubere Luft: Viel mehr regionale, biologische Landwirtschaft und für alle leistbare biologische Lebensmittel braucht das Land.
Wien, am 13. Juni – Bevor wir in einen Apfel beißen, waschen wir ihn gründlich, um etwaige Pestizide darauf nicht mitzuessen. Eine aktuelle Studie hat jetzt nachgewiesen, dass synthetische Pestizide nicht nur in Nahrungsmitteln sein können, sondern allgegenwärtig in der Luft zu finden sind, auch an Orten, wo sie nicht vermutet werden. Die Studie wurde von der Bewegung Enkeltaugliches Österreich (ETÖ) beauftragt und von WissenschafterInnen der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), der Medizinischen Universität Wien und aus Deutschland durchgeführt. Erstmals wurden auch mögliche Belastungen der gefundenen Pestizide für die menschliche Gesundheit und die Umwelt bewertet. Für die Bewegung Enkeltaugliches Österreich gibt es daraus nur ein Fazit: flächendeckende biologische, und regionale Landwirtschaft, bei der chemisch-synthetische Pestizide nicht eingesetzt werden.
Ergebnisse der Studie: Pestizide überall in Ostösterreich
„Die Idee hinter der Studie ist einfach. Wir haben in verschiedenen Regionen in Ostösterreich Luftfilter aufgestellt, nach mehreren Monaten eingesammelt und auf Pestizide analysiert. Die gefundenen Chemikalien haben wir dann hinsichtlich ihrer Nebenwirkungen auf die Umwelt und den Menschen bewertet“, erklärt Prof. Dr. Johann Zaller von der Universität für Bodenkultur Wien, einer der Studienautoren. „Uns hat überrascht, wie weit sich Pestizide in der Luft verbreiten. Die Anzahl und Konzentrationen der gefundenen Pestizide waren abhängig von der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung in der Umgebung. Aber auch höhere Temperaturen förderten deren Verbreitung. Aus Umweltsicht ist das problematisch, weil viele der gefundenen Stoffe giftig für Bienen, Regenwürmer oder Vögel waren“, so Zaller.
In der von ETÖ und dem Wissenschaftsfonds FWF finanzierten Studie fanden die ForscherInnen 67 Pestizide in verschiedenen Konzentrationen. „Zwei der Filter standen in Nationalparks und auch dort haben wir zehn beziehungsweise sogar 33 Pestizide gefunden“, erwähnt Prof. Zaller, „selbst mitten in einer Großstadt wurden 17 Agrarchemikalien in der Luft gemessen.“ Die Funde in Nationalparks sind insofern brisant, da Nationalparks ja zum Schutz besonders gefährdeter Pflanzen und Tiere da sind.
Wie sich Pestizide auf unsere Gesundheit auswirken
Bewertet man die gefundenen Pestizide nach ihren offiziell bekannten Nebenwirkungen, dann war etwa die Hälfte der gefundenen Pestizide schädlich für die menschliche Gesundheit. Sie können neben Reizungen von Schleimhaut und Haut u.a. das Hormonsystem stören mit negativen Folgen für die Fortpflanzungsfähigkeit. Nicht zuletzt hat fast ein Viertel der detektierten Substanzen ein krebserregendes Potenzial. Prof. Hans-Peter Hutter, Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin der Medizinischen Universität Wien und Studienautor, erklärt: „Zwar sind die Konzentrationen der Pestizide in der Luft oft sehr gering, aber selbst kleinste Mengen bergen ein Gesundheitsrisiko und können über lange Zeit Wohlbefinden und Gesundheit beeinträchtigen.“ Die StudienautorInnen geben zu bedenken, dass die Verbreitung von Pestiziden in der Luft und deren gesundheitliche Schäden bei der Zulassung der Pestizide zu wenig Beachtung finden. „Unsere Studie zeigt eindeutig, dass Pestizide nicht am Ausbringungsort verbleiben, sondern breitflächig verdriftet werden und Schäden in der Umwelt und bei Menschen verursachen können. Nur ein Umstieg auf 100 Prozent Bio-Landwirtschaft kann dem entgegenwirken“, sind sich die Prof. Zaller und Prof. Hutter einig. Auch aus Sicht des Klimaschutzes ist eine konsequente Umstellung auf eine natur- und damit zukunftsverträgliche Landwirtschaft unerlässlich.
Die Lösung: Schrittweise und umsetzbare Umstellung auf Bio-Landwirtschaft
Anstatt langwierig zu versuchen, die Anwendung und Ausbreitung von Pestiziden zu regulieren, engagiert sich die Bewegung Enkeltaugliches Österreich, dieses Problem bei der Wurzel anzupacken. Nur ein flächendeckender Umstieg auf Bio-Landwirtschaft in Österreich kann dafür sorgen, dass keine schädlichen chemisch-synthetischen Pestizide in Atemluft, Umwelt und in unsere Nahrung gelangen. Dass das möglich ist, hat eine Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau gezeigt: Schlüssel ist, die Diskussion weg von „noch mehr Flächen – noch mehr Leistung!“ auf die richtigen Stellschrauben zu lenken: Viel Energie wird in Form von Tierfutter in die Fleischproduktion gesteckt. Ein Teil der landwirtschaftlichen Fläche, die für Futterproduktion genutzt wird, kann viel effektiver genutzt werden, wenn man die Produkte davon direkt isst.
Wenn man in Österreich nur 10 Prozent weniger Fleisch essen würde, bräuchte man bereits viel weniger Fläche für Tierfutter. Damit wäre ein erster Schritt weg von der intensiven Hochleistungs-Produktion mit chemisch-synthetischen Pestiziden zu Biolandbau und gesunder Atemluft möglich. Auf einer individuellen Ebene wirkt hier schon ein fleischfreier Tag pro Woche.
Alle gemeinsam: Strukturwandel ist unabdingbar
Die Kraft, so eine Veränderung umzusetzen, liegt aber nicht allein bei den VerbraucherInnen, sondern auch bei der Politik. „Die PolitikerInnen müssen den Strukturwandel mittragen und in den Biolandbau investieren, oder wir als Gesellschaft zahlen für die Schäden der konventionellen Landwirtschaft drauf“, sagt Bio-Landwirtin Michaela Aufreiter vom Biokräuterhof Aufreiter. Konventionelle Landwirtschaft verursacht nämlich jetzt schon jährlich versteckte Kosten in Milliardenhöhe. Viele davon gehen auf den Gebrauch von Pestiziden und die davon ausgehenden Schäden für unsere Gesundheit und in unserer Umwelt zurück, aber keine davon spiegeln sich in den Preisen der Nahrungsmittel wider. Aufreiter fasst zusammen: „Ein kompletter Umstieg auf Bio-Landwirtschaft würde nicht nur diese gesellschaftlichen Kosten enorm reduzieren und Klima und Artenvielfalt schützen, sondern uns auch vor gefährlichen Pestiziden in unsere Atemluft bewahren. Anstatt nur die Symptome zu bekämpfen, dürfen wir das gesamte System umdenken.“
Bis die Politik reagiert, setzt die Bewegung Enkeltaugliches Österreich mit eigener Kraft um. „Wir alle arbeiten im Biolandbau und unterstützen motivierte KollegInnen mit Rat und Tat bei der Umstellung“, erklärt Aufreiter begeistert. „Vor allem widerlegen wir die Mythen, dass Österreich von diesen chemisch-synthetischen Pestiziden und Kunstdünger abhängig wäre, indem wir in die Forschung in der biologischen Landwirtschaft investieren. Denn Anbau ohne chemisch-synthetische Pestizide ist langfristig nicht nur das gesündeste Modell für uns, unsere Kinder und Enkel, sondern auch das wirtschaftlichste für Österreich. Die gesunden und autarken Böden sind das wichtigste Gut für die Versorgungssicherheit.“ haben das letzte Wort.
Die 8 häufigsten Pflanzenschutz-und Pestizidmärchen enttarnt:
- Sind Pestizide notwendig um die Ernte zu sichern?
- Sind Pestizide sicher, weil amtlich geprüft und zugelassen?
- Bleiben Pestizide auf dem Acker?
- Sind Pestizide in der Luft gesundheitsschädlich?
- Werden Insekten wirklich durch strenge Vorschriften beim Ausbringen geschützt?
- Wären Lebensmittel ohne Pestizide viel teurer?
- Spritzen Bio-Betriebe auch?
- Bedroht der Einsatz von Ackergiften die Bio-Landwirtschaft?
Quelle: Enkeltaugliches Österreich