In Kooperation mit dem Verein „Enkeltaugliche Umwelt“ ist auf deren Homepage eine Erklärung inkl. Interview mit unserem stellv. Obmann Simon Ziegler online gestellt worden.
„Über 20 Prozent der Menschen in Österreich verpflegen sich bereits außer Haus.Diese große Menge macht diesen Bereich zu einem außerordentlich wichtigen Faktor für den Schutz und Ausbau der biologischen Landwirtschaft und den Naturschutz in Österreich!
Eine verpflichtende Erhöhung des Anteils Biologischer Lebensmittel in der öffentlichen Versorgung wäre heute schon problemlos realisierbar, wie die Studie der Universität für Bodenkultur und der Bio Forschung Austria belegt. Diese Studie zeigt nicht nur die Machbarkeit, sondern bietet auch bereits die Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation (siehe Kapitel 11).
Weiters wäre auch eine BIO Zertifizierung in der Bio Gastronomie nicht nur möglich, sondern sie ist längst überfällig (und auch von vielen vorbildlich arbeitenden Bio WirtInnen gewünscht).
Gehen wir dem Ganzen gemeinsam mit unserem Experten Simon Ziegler von den BiowirtInnen auf den Grund:
Was wollen die Menschen in Österreich?
Noch nie war die Akzeptanz für den Einsatz regionaler und nachhaltiger, dem Tierschutz verpflichteter Lebensmittel in Österreich so groß wie heute. Die Diskussion um die Klimakrise, Missstände im Bereich der Tierhaltung und zu guter Letzt die Herausforderungen der Corona Krise haben zu einem Umdenken in der Bevölkerung geführt.
Es ist unbestritten, dass die Anliegen des Tierschutzes, der Regionalität und der Nachhaltigkeit im Lebensmittelbereich durch die Biolandwirtschaft und Biolebensmittelwirtschaft am besten vertreten werden.
“Regional” ist also nicht genug?
Ein reiner Bezug auf die Regionalität ohne die Definition und Beachtung der Produktionsstandards der landwirtschaftlichen Betriebe und der Verarbeitung erfüllt in keiner Weise die Anforderungen des Tierschutzes bzw. der echten Nachhaltigkeit auf den Betrieben. BIO hat das derzeit einzig durchgängige Zertifizierungssystem, das eine Warenflusskontrolle von Acker, über die Verarbeitung und den Handel bis hin zum Teller gewährleisten kann.
Warum ist die öffentliche Versorgung so wichtig für eine enkeltaugliche Umwelt in Österreich?
Der Gastronomie- und der Gemeinschaftsverpflegung kommt hier eine enorme strategische Bedeutung zu, künftig regionale und nachhaltige, dem Tierschutz verpflichtete Lebensmittel, in Österreich in größerem Umfang dem Endverbraucher anbieten zu können und damit der heimischen Landwirtschaft eine gute Einkommensalternative zu bieten.
Welche Bereiche umfasst die Gemeinschaftsverpflegung?
In Österreich ist die öffentliche Versorgung auf Länder- und Bundesebene aufgeteilt. Hier werden auf diesen Ebenen die Lebensmittelversorgung sämtlicher Einrichtungen der öffentlichen Hand organisiert und gesteuert. Dies umfasst zum Beispiel: Mensen, Krankenhäuser, Pflegeheime, Schulen und Kindergärten, Einrichtungen der Polizei, Bundesheer u.vm.
Wie hoch ist der Anteil der Gemeinschaftsverpflegung in Österreich?
Es gibt hier eine sehr heterogene Beschlusslage in einzelnen Bundesländern mit unterschiedlichen Graden der Selbstverpflichtungen zu BIO.
Leider kann es aber sein, dass einige Bundesländer aber auch die Einrichtungen des Bundes, die selbstgewählten Vorgaben nur als “Kann-Kriterium” sehen und die Bioquoten zum Teil nicht erfüllen.
Im Regierungsprogramm sind bereits konkrete Punkte zur Umsetzung benannt und umrissen. Es mangelt jedoch an der Umsetzung. Dies ist der Punkt, an dem wir ansetzen müssen.
Ja, aber was steht denn im Regierungsprogramm zur öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung?
Hier steht: “Ziel ist eine 100%ig regionale und saisonale Beschaffung in Verbindung mit einer Bioquote von 30% bis 2025 und 55% bis 2030.”
Wie realistisch und praxisnah ist das?
Die Forderung einer 100% regionalen und saisonalen Beschaffung dürfte doch übertrieben sein. Das würde nämlich bedeuten: keine Südfrüchte wie Orangen oder Bananen mehr, auf viele liebgewonnene Gewürze und Kaffee, Kakao müsste verzichtet werden, keine Fruchtjoghurts mehr, im Winter nur Äpfel oder tiefgekühltes Obst, frische Salate nur in der Saison, etc.
Demgegenüber ist die Forderung von 30% Bio bis 2025 und 55% bis 2030 sehr realistisch. Einige Großküchen übertreffen sogar schon heute die Vorgaben für 2030!
Und was sagt das Regierungsprogramm zur Bio Gastronomie?
Prüfung einer rechtlichen Umsetzung einer einheitlichen Bio-Zertifizierung für die Außer-Haus-Verpflegung auf Basis der Vorschläge des Bio Beirats.
Was muss hier getan werden?
Eine gesetzliche Regelung der Zertifizierungspflicht bei Einsatz biologischer Produkte ist angestrebt, wird derzeit aber von der Wirtschaftskammer im Bio-Beirat verhindert. Es gibt derzeit keine gesetzliche Verpflichtung, dass sich Gastronomie und Hotellerie zertifizieren und kontrollieren lassen müssen. Anders ist die Situation z.B. in Deutschland, wo die gesetzliche Zertifizierungspflicht bereits seit einigen Jahren verankert ist.
Dies hat zur Folge, dass leider auch „Trittbrettfahrer“ am Markt auftauchen, die BIO zwar ausloben, jedoch oftmals hauptsächlich konventionelle Produkte in den Verkehr bringen. Das führt zu Wettbewerbsverzerrungen und Vertrauensverlust bei Konsumenten und stellt keine solide Basis für den Ausbau dieses Marktsegments dar. Mehr dazu: www.diebiowirtinnen.at
Um Betriebe in der Gastronomie und Außer-Haus-Verpflegung in nennenswerter Anzahl zu ermutigen, den Einsatz von Biolebensmitteln zu realisieren, sind flankierende Maßnahmen notwendig. Dazu ist es unabdingbar, sowohl im Bereich der Beratung wie auch Umstellungsförderung aktiv zu werden. Es gibt derzeit bereits ein sehr erfolgreiches Pilotprojekt der Gemeinde Wien. Das Programm der MA22 „Natürlich gut essen“könnte hier etwa beispielgebend für den Bund sein.
Unsere Ziele und Forderungen für ein enkeltaugliches Österreich
ÖFFENTLICHER SEKTOR
Erhöhung der Bioquote und Implementierung der Anforderung des Tierschutzes in der Beschaffung des Bundes, des Landes und der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung
Im Nationalen Aktionsplan für nachhaltige Beschaffung (naBe) müssen eigentlich aktuell verbindlich 23 % der eingekauften Lebensmittel in Einrichtungen des Bundes Bio sein. Dies ist derzeit nicht ausreichend realisiert. Aus diesem Umstand ergeben sich zwingend folgende detaillierte Forderungen:
- Bis Ende 2023 muss die gesetzlich Vorgabe von 25 % zwingendin allen Einrichtung umgesetzt werden
- Bis Ende 2030 muss dieser Anteil mindesten 50 % erreicht haben
- Verpflichtende Ausschreibung von Bio Lebensmitteln notwendig. Derzeitige“Kann- Regeln” hebeln die Bioquoten aus
- Ambitioniertere Zieleauf der Bundesebene
- Zeitlich abgestimmter Plan für jedes Bundesland bis 100% Bio – innerhalb von 6 – 8 Jahren in Form eines verbindlichen Stufenplans
- Es müssen alle künftigen Ausschreibungenin konventionelle Lose und reine Bio-Lose getrennt werden. Nur dann können reine Bioakteure Angebote unterbreiten und Querfinanzierungen zwischen Bio und Konventionell können vermieden werden
- Anpassung der Eingangshürden: Derzeit sind die Eingangshürden bei Ausschreibungen für kleinere Lieferanten für Lieferungen zu hoch!
PRIVATER SEKTOR
Zertifizierte Bio-Gastronomie und Außerhausverpflegung
- Schaffung einer gesetzlichen Regelung für Biozertifizierung in der Gastronomie, Hotellerie und Außerhausverpflegung
- Einführung einer Beratungs- und Umstellungsförderung für Gastronomie- und Außerhausbetriebe
Zusammenfassung
Die Umsetzung dieser Ziele führt unserer Meinung nach zur nachhaltigen & enkeltauglichen Entwicklung Österreichs als ein echtes „Bio-Vorzeigeland“unter besonderer Berücksichtigung von Tierschutz, Nachhaltigkeit und Regionalität.
Teure Pseudolabels, die lediglich die Regionalität von Produkten abbilden, sind weder geeignet den Tierschutz voranzutreiben (der Konsument erfährt dann nur WO die Schweine auf Vollspaltenböden gemästet worden sind oder WO ein Landwirt Pestizide in der näheren Umgebung verwendet), noch sind sie ein Qualitäts-Siegel.
Regionalität allein sagt auch in der öffentlichen Versorgung nichts über die Qualität aus– nach unserer Meinung muss Regionalität IMMER mit einem echten Qualitätssiegel wie BIO verbunden werden.
Die BiowirtInnen & der Verein für eine enkeltaugliche Umwelt